Neue und alte Übersetzungen
Neue und alte Übersetzungen
Nachdem die Nachricht, dass Andreas Brandhorst wieder einige Bücher übersetzten wird so viel Resonanz in den Kommentaren hinterlassen hat, wollte ich einen Forum-Thread hierzu eröffnen.
Vielen scheinen starke Abneigungen gegen die Übersetzungen neuer Bücher von Kempen, Rawlinson und Jung zu haben. Dieser Thread ist dafür gedacht Meinungen darüber einzuholen und die Gründe dahinter zu erfahren. Der Thread ist jedoch nicht dazu gedacht Alt- und Neuübersetzung zu vergleichen. Dafür gibt es diesen Thread. Für genaue Buchvergleiche gibt es noch dieses Forum.
Bitte bleibt trotz aller Emotionalität was dieses Thema auszulösen scheint sachlich und höflich. Andere Beiträge werden gelöscht.
Ich schreibe heute abend meine eigenen Erfahrungen/Meinungen zu diesem Thema.
Vielen scheinen starke Abneigungen gegen die Übersetzungen neuer Bücher von Kempen, Rawlinson und Jung zu haben. Dieser Thread ist dafür gedacht Meinungen darüber einzuholen und die Gründe dahinter zu erfahren. Der Thread ist jedoch nicht dazu gedacht Alt- und Neuübersetzung zu vergleichen. Dafür gibt es diesen Thread. Für genaue Buchvergleiche gibt es noch dieses Forum.
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Ich schreibe heute abend meine eigenen Erfahrungen/Meinungen zu diesem Thema.
Spend more taxes on waging war against the lack of marshmallows!
Re: Neue und alte Übersetzungen
Mit "Heute abend" ist es zwar nichts geworden, aber ich schreibe jetzt doch mal was dazu. Vieles hat auch schon Feles in den Kommentaren zur Nachricht geschrieben, es deckt sich allerdings mit meinen Vermutungen.
Erstmal zu meinen Lesegewohnheiten:
Begonnen habe ich mit dem Lesen der Romane von Pratchett irgendwann in den 90ern in Form der deutschen Übersetzungen, also vorallem aus der Hand Andreas Brandhorsts. Haben mir die Bücher gefallen? Ohne Zweifel. Sonst wäre ich jetzt nicht hier. Habe ich manchmal etwas gestutzt, da mir ein Abschnitt etwas seltsam vorkam? Ja auch das ist passiert, auch wenn es sich in Grenzen hielt. Andreas Brandhorst wurde/wird oft kritisiert für seine Übersetzungen (auch von mir). Im Großen und Ganzen hat er das ganze aber nicht schlecht gemacht.
Irgendwann habe ich dann auch begonnen die englischen Bücher zu lesen, zunächst noch beide Sprachversionen irgendwann nur noch die Englischen. Warum? Nun erstmal ist es natürlich eine Preis- und Regalplatzfrage. Aber man lernt eben auch die Originale zu schätzen, wenn man mit der Sprache mehr vertraut ist. Man entdeckt schöne Wortwitze die im Deutschen einfach nicht funktionieren und freut sich über diese und jene sprachliche Finesse die man entdeckt.
Welches Buch ich im Original richtig zu schätzen kennen gelernt habe ist "The Last Continent". Das deutsche Pendant "Heiße Hüpfer" verliert nicht nur aufgrund des Titels. Die australische Atmosphäre kann man in der deutschen Sprache einfach nicht so einfangen. Das möchte ich nicht unbedingt Andreas Brandhorst ankreiden, denn das Buch halte ich allgemein für sehr schwer bis kaum 1:1 übersetzbar, aber das war für mich ein Moment wo ich gemerkt habe wie sehr sich ein Titel in der Sprachübertragung verändern kann.
Zwei andere Punkte, die ich bei der Übersetzung gemerkt habe, und die ich durchaus bei Andreas Brandhorst kritisieren kann, sind Namensgebung und das Duzen. Andreas Brandhorst neigte sehr zu Aliterationen bei den Namen und auch das allgemeine Duzen wirkt oftmals sehr befremdlich (beispielsweise zwischen Vimes/Mumm und Vetinari).
Zu den Übersetzungen von Bernhard Kempen und Regina Rawlinson kann ich nichts sagen, da ich allenfalls mal ein paar Sätze gelesen habe. Bis jetzt zumindest.
Zu Gerald Jung:
Ich habe bei "Voll im Bilde" (Moving Pictures) und "Einfach göttlich" (Small Gods) angefangen alle drei Fassungen einmal direkt zu vergleichen. Ich kann - bis jetzt - nicht unbedingt sagen "Ja diese Variante! Die andere ist Mist!", beide Übersetzungsversionen übertragen das Werk Pratchetts in das Deutsche. Was ich wirklich an der Übersetzung von Jung schätze ist, dass der alte Duz-Fehler ausgebügelt wurde. Gibt es Stellen, die ich bei Andreas Brandhorst schöner zu lesen finde? Ja auch das. Mehr dazu aber beispielsweise hier.
Ganz allgemein hat sich der Stil der Bücher, auch im Original, ziemlich verändert. Ein prominentes Beispiel ist sicherlich die Frage "Wann wurde Vetinari Patrizier?". Für alle, die es nicht wissen: In den ersten Romanen ist immer nur vom "Patrizier" die Rede ohne einen Namen zu nennen. Und auch wenn man sich bei einigen Zügen an Vetinari erinnert fühlt, einige scheinen gar nicht zu seinem Wesen zu passen, auch wenn sich der Charakter natürlich auch weiter entwickelt. Pratchett selbst hat einmal gesagt "How about: maybe he was Vetinari, but written by a more stupid writer?", also sinngemäß, dass es Vetinari gewesen sein könnte, der Autor aber einfach noch nicht so weit war.
Die neueren Bücher sind allesamt ziemlich düster, oder zumindest düsterer als die älteren Bücher. Nicht nur, dass sie ernste Grundthemen haben (Krieg, Sklaverei), auch das Miteinander einzelner Charaktere ist durchaus ruppiger geworden - die Fußballfans in "Unseen Academicals"/"Club der Unsichtbaren Gelehrten" sprechen auch im Original ziemlich derb.
Ich schätze, dass diese Änderung des Stils auch dem Übersetzer angekreidet wird.
Erstmal zu meinen Lesegewohnheiten:
Begonnen habe ich mit dem Lesen der Romane von Pratchett irgendwann in den 90ern in Form der deutschen Übersetzungen, also vorallem aus der Hand Andreas Brandhorsts. Haben mir die Bücher gefallen? Ohne Zweifel. Sonst wäre ich jetzt nicht hier. Habe ich manchmal etwas gestutzt, da mir ein Abschnitt etwas seltsam vorkam? Ja auch das ist passiert, auch wenn es sich in Grenzen hielt. Andreas Brandhorst wurde/wird oft kritisiert für seine Übersetzungen (auch von mir). Im Großen und Ganzen hat er das ganze aber nicht schlecht gemacht.
Irgendwann habe ich dann auch begonnen die englischen Bücher zu lesen, zunächst noch beide Sprachversionen irgendwann nur noch die Englischen. Warum? Nun erstmal ist es natürlich eine Preis- und Regalplatzfrage. Aber man lernt eben auch die Originale zu schätzen, wenn man mit der Sprache mehr vertraut ist. Man entdeckt schöne Wortwitze die im Deutschen einfach nicht funktionieren und freut sich über diese und jene sprachliche Finesse die man entdeckt.
Welches Buch ich im Original richtig zu schätzen kennen gelernt habe ist "The Last Continent". Das deutsche Pendant "Heiße Hüpfer" verliert nicht nur aufgrund des Titels. Die australische Atmosphäre kann man in der deutschen Sprache einfach nicht so einfangen. Das möchte ich nicht unbedingt Andreas Brandhorst ankreiden, denn das Buch halte ich allgemein für sehr schwer bis kaum 1:1 übersetzbar, aber das war für mich ein Moment wo ich gemerkt habe wie sehr sich ein Titel in der Sprachübertragung verändern kann.
Zwei andere Punkte, die ich bei der Übersetzung gemerkt habe, und die ich durchaus bei Andreas Brandhorst kritisieren kann, sind Namensgebung und das Duzen. Andreas Brandhorst neigte sehr zu Aliterationen bei den Namen und auch das allgemeine Duzen wirkt oftmals sehr befremdlich (beispielsweise zwischen Vimes/Mumm und Vetinari).
Zu den Übersetzungen von Bernhard Kempen und Regina Rawlinson kann ich nichts sagen, da ich allenfalls mal ein paar Sätze gelesen habe. Bis jetzt zumindest.
Zu Gerald Jung:
Ich habe bei "Voll im Bilde" (Moving Pictures) und "Einfach göttlich" (Small Gods) angefangen alle drei Fassungen einmal direkt zu vergleichen. Ich kann - bis jetzt - nicht unbedingt sagen "Ja diese Variante! Die andere ist Mist!", beide Übersetzungsversionen übertragen das Werk Pratchetts in das Deutsche. Was ich wirklich an der Übersetzung von Jung schätze ist, dass der alte Duz-Fehler ausgebügelt wurde. Gibt es Stellen, die ich bei Andreas Brandhorst schöner zu lesen finde? Ja auch das. Mehr dazu aber beispielsweise hier.
Ganz allgemein hat sich der Stil der Bücher, auch im Original, ziemlich verändert. Ein prominentes Beispiel ist sicherlich die Frage "Wann wurde Vetinari Patrizier?". Für alle, die es nicht wissen: In den ersten Romanen ist immer nur vom "Patrizier" die Rede ohne einen Namen zu nennen. Und auch wenn man sich bei einigen Zügen an Vetinari erinnert fühlt, einige scheinen gar nicht zu seinem Wesen zu passen, auch wenn sich der Charakter natürlich auch weiter entwickelt. Pratchett selbst hat einmal gesagt "How about: maybe he was Vetinari, but written by a more stupid writer?", also sinngemäß, dass es Vetinari gewesen sein könnte, der Autor aber einfach noch nicht so weit war.
Die neueren Bücher sind allesamt ziemlich düster, oder zumindest düsterer als die älteren Bücher. Nicht nur, dass sie ernste Grundthemen haben (Krieg, Sklaverei), auch das Miteinander einzelner Charaktere ist durchaus ruppiger geworden - die Fußballfans in "Unseen Academicals"/"Club der Unsichtbaren Gelehrten" sprechen auch im Original ziemlich derb.
Ich schätze, dass diese Änderung des Stils auch dem Übersetzer angekreidet wird.
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Ich sehe das recht ähnlich und es hat auch ähnlich bei mir angefangen. Ich habe inzwischen viele deutsche Ausgaben im Regal, die ich nie gelesen habe.
Durch das Teilnehmen am Übersetzungsvergleich zu Small Gods (ich habe vor, die beiden deutschen Ausgaben dieses Jahr irgendwann auch noch auszulesen, aber es erscheint so viel neues...) habe ich gemerkt, dass mir die Übersetzungen von Jung im Allgemeinen besser gefallen. Ich glaube aber auch, wie Ponder, dass viele, die sich (gerade bei Amazon in den Bewertungen) so stark negativ über neu erschienene Romane äußern und das mit einem anderen Übersetzer begründen, auch mit dem Original unzufrieden wären, eben weil sich der Schreibstil über 30 Jahre stark verändert hat. Da es keine Brandhorst-Übersetzung der neusten Romane gibt, kann man natürlich kein Vergleichsexperiment machen.
Durch das Teilnehmen am Übersetzungsvergleich zu Small Gods (ich habe vor, die beiden deutschen Ausgaben dieses Jahr irgendwann auch noch auszulesen, aber es erscheint so viel neues...) habe ich gemerkt, dass mir die Übersetzungen von Jung im Allgemeinen besser gefallen. Ich glaube aber auch, wie Ponder, dass viele, die sich (gerade bei Amazon in den Bewertungen) so stark negativ über neu erschienene Romane äußern und das mit einem anderen Übersetzer begründen, auch mit dem Original unzufrieden wären, eben weil sich der Schreibstil über 30 Jahre stark verändert hat. Da es keine Brandhorst-Übersetzung der neusten Romane gibt, kann man natürlich kein Vergleichsexperiment machen.
Don't panic!
Re: Neue und alte Übersetzungen
Ich greife mal einen Beitrag von "HolgR" auf, der unter der Newsankündigung gepostet wurde.
Soweit stimme ich zu.HolgR hat geschrieben:[...]
Aber es wurde nun einmal einer ausgesucht, der vom Verlag gewisse Referenzen hatte, deshalb tat es mir auch so leid für ihn das die Leute so über ihn geschipmft hatten.
Wenn ein großer Anhänger Pratchetts [...] die Übersetzung übernehmen würde, hätten auch viel Leute was dagegen und daran was auszusezen.
Man kann es halt nie jemanden recht machen.
Brandhorst, Jung und Rawlinson sind alle etwa gleich alt. Es ist also nicht so, dass irgendwelche Jünglinge die Übersetzung übernommen hätten. Und natürlich ist es für die Übersetzer in erster Linie "nur ein Job". Davon leben sie schließlich. Es ist klar, dass ein Übersetzer im Allgemeinen besser wird, wenn er mit einem bestimmten Autoren schon länger zu tun hatte. Wenn man so argumentiert, darf man dann aber nicht einen aktuellen Jung mit einem aktuellen Brandhorst vergleichen.HolgR hat geschrieben:Ich war immer ein großer bewunderer von Brandhorst und finde es mehr wie schade das irgentwelche, Frisch-abgänger-Bechlor-0815-Deppen die Meisterweke überhaubt nur zu lesen bekommen.
DIE haben doch keine Ahnung.
DIE übersetzen heute Snuff und Morgen, Giovanni's Room.
DIE übersetzen einfach nur, egal was, machen ihren Job.
Aber die Spezielle Essenz von Pratchett verstehen DIE nicht, können also nicht gerecht übersezen, sie fühlen es nicht.
Äh nein. Die Slapstik-Gags gibt es bei Pratchett im Original in der exzessiven Form schon länger nicht mehr. Das sollte man aber schon unter Brandhorst gemerkt haben, wenn man die neueren Bücher ansieht.HolgR hat geschrieben: Und deshalb fehlt jede Spur von Slapstik.
Also ganz genau wie Andreas Brandhorst am Anfang seiner Scheibenwelt-Übersetzungen?HolgR hat geschrieben: [...]wir die Fans [haben ganz viel tolle Dinge auf der Scheibenwelt erlebt]
DIE nicht !
DIE kennen Pratchett garnicht.
Kennen seinen Humor nicht, seine Personen, die Stadt, die Welt und schon garnicht die Schildköte.
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Also ich bin ein bisschen erschreckt, über manche Aussagen von HolgR...
Ad 1: Warum sollen nur bestimmte Leute Pratchett lesen dürfen? Dann würde es ja keine neuen Fans mehr geben. Die Aussage ist unlogisch. Vielleicht meinst du aber auch nur das Übersetzen. Darüber lässt sich dann wieder streiten.
Ad 2: "DIE" als Bezeichnung für Jung und Rawlinson empfinde ich als sehr unhöflich. Sie haben beide Namen und sind Individuen. Weißt du, wie Frau Rawlinson zu Pratchett steht? Ich nicht. Die beiden einfach gleichsetzen halte ich nicht für sonderlich abgewogen.
Ad 3: Jetzt wird es etwas inhaltlicher. Herr Brandhorst mag zwar ein langjähriger und intensiver Pratchettleser sein, aber nichtsdestotrotz hat er seine Texte ziemlich massiv verändert. Da hat ihn also seine Verbundenheit nicht von abgeschreckt. Gerald Jung mag Pratchett vielleicht erst durch seinen Auftrag kennengelernt haben, aber er ist ein sehr gewissenhafter Übersetzer. Nicht nur, dass er versucht den Text möglichst korrekt widerzugeben, er versucht auch in die Scheibenwelt einzutauchen. Belege gibt es dazu genug: Er hat sich sofort beim Club angemeldet und ist sehr aktiv im Forum. Er bezieht den Club bei Übersetzungsfragen mit ein und wenn man die entsprechenden Threads aufmerksam liest, merkt man, dass er sogar bei Pratchett und seinem Stab nachhakt, wenn er etwas unstimmiges findet. Einem muss die Übersetzung nicht gefallen, aber man sollte doch Respekt vor der Arbeit der Übersetzer haben.
Wie schon so oft gesagt: Warum kann man nicht objektiv darüber diskutieren, ohne jemandem zu nahe zu treten und seine Arbeit unverdientermaßen herabzusetzen?
Ad 1: Warum sollen nur bestimmte Leute Pratchett lesen dürfen? Dann würde es ja keine neuen Fans mehr geben. Die Aussage ist unlogisch. Vielleicht meinst du aber auch nur das Übersetzen. Darüber lässt sich dann wieder streiten.
Ad 2: "DIE" als Bezeichnung für Jung und Rawlinson empfinde ich als sehr unhöflich. Sie haben beide Namen und sind Individuen. Weißt du, wie Frau Rawlinson zu Pratchett steht? Ich nicht. Die beiden einfach gleichsetzen halte ich nicht für sonderlich abgewogen.
Ad 3: Jetzt wird es etwas inhaltlicher. Herr Brandhorst mag zwar ein langjähriger und intensiver Pratchettleser sein, aber nichtsdestotrotz hat er seine Texte ziemlich massiv verändert. Da hat ihn also seine Verbundenheit nicht von abgeschreckt. Gerald Jung mag Pratchett vielleicht erst durch seinen Auftrag kennengelernt haben, aber er ist ein sehr gewissenhafter Übersetzer. Nicht nur, dass er versucht den Text möglichst korrekt widerzugeben, er versucht auch in die Scheibenwelt einzutauchen. Belege gibt es dazu genug: Er hat sich sofort beim Club angemeldet und ist sehr aktiv im Forum. Er bezieht den Club bei Übersetzungsfragen mit ein und wenn man die entsprechenden Threads aufmerksam liest, merkt man, dass er sogar bei Pratchett und seinem Stab nachhakt, wenn er etwas unstimmiges findet. Einem muss die Übersetzung nicht gefallen, aber man sollte doch Respekt vor der Arbeit der Übersetzer haben.
Wie schon so oft gesagt: Warum kann man nicht objektiv darüber diskutieren, ohne jemandem zu nahe zu treten und seine Arbeit unverdientermaßen herabzusetzen?
dum spero rideo
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Eigentlich wollte ich ja nichts dazu schreiben. Mir liegt nichts daran mit anderen über meine Meinung zu diskutieren, deshalb heißt es ja "Meinung". Aber nachdem ich anscheinend ungewollt der Auslöser einer (für hiesige Verhältnisse) recht hitzigen Diskussion bin will ich zumindest allen Anderen die Gelegenheit geben zurückzuschießen.
Nein, mir gefallen die neuen Übersetzungen nicht. Und das liegt nicht allein an der ungewohnten und meiner Ansicht nach falschen Anrede der Personen. Wo man früher (bis Klonk) so ein Buch in einem Rutsch durchlesen konnte und auch wollte, stolpert man nun dauernd über kantige Formulierungen, spaßfreie Sätze aus dem Lexikon und andere sprachliche Gletscherspalten. Da werden im hiesigen Sprachgebrauch eingebürgerte englische Begriffe sperrig übersetzt, dafür an anderen Stellen Wörter stehen gelassen die man besser übersetzt hätte (da ich keines der betreffenden Bücher mehr besitze kann ich leider keine Textstellen zitieren). Brandhorst hat Wortspiele o. Ä. weggelassen wenn sie aufgrund sprachlicher oder kultureller Differenzen nicht sinnvoll übersetzbar waren oder sie durch eigene, im Deutschen passendere ersetzt. Rawlinson und Jung dagegen rumpeln scheinbar mit dem Panzer geradeaus durch's Dictionary. Mag sein dass die früheren Übersetzungen von den Eigenheiten Brandhorsts profitierten - der qualitative Abstieg ist da, egal an wem das liegt.
Machen wir es kurz: Es macht mir einfach keinen Spaß mehr die Bücher in Deutsch zu lesen. Hinzu kommt wie schon gesagt dieser Anrede-Mischmasch, mit dem sich die Übersetzer auch oft genug selbst aus dem Tritt bringen: Da werden an verschiedenen Stellen Personen gesiezt und unmittelbar danach aber so persönlich angesprochen, dass beides nicht zusammen passen will(mangels Buch leider auch hier keine Textstellen).
Sicherlich sind an meiner Unzufriedenheit nicht nur die Übersetzer schuld. Aber die ohne Not vorgenommenen Veränderungen in der Übersetzung, gepaart mit den Neuübersetzungen alter Bücher, dem Umgruppieren im Verkaufsregal, den miesen Eigenbau-Covern der Bücher und nicht zuletzt der Umbenennung der Paperbacks um sie für den Preis eines gebundenen Buches zu verkaufen - all das vermittelt stark den Eindruck als wenn Manhattan hier das Tafelsilber verramscht. Und wenn ich mir die Bewertungen bei den verschiedenen Verkaufsportalen so ansehe stehe ich scheinbar nicht alleine da mit dieser Meinung.
Ps: Die Entwicklung bei Manhattan erinnert mich ein bisschen an den Spielepublisher Jowood. Da hatte man mit Gothic, der eine oder andere wird's kennen, fast eine Lizenz zum Geld drucken. Bis man dann der Meinung war, besser zu wissen was die Fans wollen als diese selbst. Jowood gibt es heute nicht mehr...
Nein, mir gefallen die neuen Übersetzungen nicht. Und das liegt nicht allein an der ungewohnten und meiner Ansicht nach falschen Anrede der Personen. Wo man früher (bis Klonk) so ein Buch in einem Rutsch durchlesen konnte und auch wollte, stolpert man nun dauernd über kantige Formulierungen, spaßfreie Sätze aus dem Lexikon und andere sprachliche Gletscherspalten. Da werden im hiesigen Sprachgebrauch eingebürgerte englische Begriffe sperrig übersetzt, dafür an anderen Stellen Wörter stehen gelassen die man besser übersetzt hätte (da ich keines der betreffenden Bücher mehr besitze kann ich leider keine Textstellen zitieren). Brandhorst hat Wortspiele o. Ä. weggelassen wenn sie aufgrund sprachlicher oder kultureller Differenzen nicht sinnvoll übersetzbar waren oder sie durch eigene, im Deutschen passendere ersetzt. Rawlinson und Jung dagegen rumpeln scheinbar mit dem Panzer geradeaus durch's Dictionary. Mag sein dass die früheren Übersetzungen von den Eigenheiten Brandhorsts profitierten - der qualitative Abstieg ist da, egal an wem das liegt.
Machen wir es kurz: Es macht mir einfach keinen Spaß mehr die Bücher in Deutsch zu lesen. Hinzu kommt wie schon gesagt dieser Anrede-Mischmasch, mit dem sich die Übersetzer auch oft genug selbst aus dem Tritt bringen: Da werden an verschiedenen Stellen Personen gesiezt und unmittelbar danach aber so persönlich angesprochen, dass beides nicht zusammen passen will(mangels Buch leider auch hier keine Textstellen).
Sicherlich sind an meiner Unzufriedenheit nicht nur die Übersetzer schuld. Aber die ohne Not vorgenommenen Veränderungen in der Übersetzung, gepaart mit den Neuübersetzungen alter Bücher, dem Umgruppieren im Verkaufsregal, den miesen Eigenbau-Covern der Bücher und nicht zuletzt der Umbenennung der Paperbacks um sie für den Preis eines gebundenen Buches zu verkaufen - all das vermittelt stark den Eindruck als wenn Manhattan hier das Tafelsilber verramscht. Und wenn ich mir die Bewertungen bei den verschiedenen Verkaufsportalen so ansehe stehe ich scheinbar nicht alleine da mit dieser Meinung.
Ps: Die Entwicklung bei Manhattan erinnert mich ein bisschen an den Spielepublisher Jowood. Da hatte man mit Gothic, der eine oder andere wird's kennen, fast eine Lizenz zum Geld drucken. Bis man dann der Meinung war, besser zu wissen was die Fans wollen als diese selbst. Jowood gibt es heute nicht mehr...
Re: Neue und alte Übersetzungen
Hallo Krämerseele,
vielen Dank, dass du dich doch noch durchgerungen hast, hier zu antworten! Endlich mal eine begründete Kritik, die ich nachvollziehen kann. Ob ich ihr ganz oder in Teilen zustimme oder nicht, muss ich nochsehen. Ich glaube ich muss wirklich mal eine Neuübersetzung lesen ohne die alte Übersetzung oder das Original gelesen zu haben um festzustellen wie es um den allgemeinen Lesefluss bestellt ist. Aber nochmals danke für den Post. So sehe ich endlich mal konkret, woran sich die Leute stören.
Das mit den Coverbildern und dem Buchformat ist schon lange ein Kritikpunkt bei uns im Club, da kann ich dir uneingeschränkt zustimmen.
vielen Dank, dass du dich doch noch durchgerungen hast, hier zu antworten! Endlich mal eine begründete Kritik, die ich nachvollziehen kann. Ob ich ihr ganz oder in Teilen zustimme oder nicht, muss ich nochsehen. Ich glaube ich muss wirklich mal eine Neuübersetzung lesen ohne die alte Übersetzung oder das Original gelesen zu haben um festzustellen wie es um den allgemeinen Lesefluss bestellt ist. Aber nochmals danke für den Post. So sehe ich endlich mal konkret, woran sich die Leute stören.
Das mit den Coverbildern und dem Buchformat ist schon lange ein Kritikpunkt bei uns im Club, da kann ich dir uneingeschränkt zustimmen.
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Hallo,
ich finde erst jetzt Zeit, kurz was hierzu zu sagen (hab die letzten Beiträge auch erst vor einigen Tagen entdeckt).
Ich möchte mich hier nur zum Thema "Übersetzung" äußern. Dass man als Leser auch aus dem Bauch argumentierren kann und vom "Gefühl" her mit Büchern und/oder ihren Übersetzungen nicht klar kommt (oder sie einfach mies findet), ist durchaus legitim.
Direkte und massive Vorwürfe an die Übersetzer sollten allerdings schon mit ein paar Belegstellen untermauert werden.
Wäre schon interessant zu wissen, was du, Krämerseele, meinst, wenn du schreibst:
- kantige Formulierungen
- spaßfreie Sätze
- sprachliche Gletscherspalten
- sperrig übersetzte englische Begriffe (die im hiesigen Sprachgebrauch eingebürgert sind)
- Wörter nicht übersetzt, die man hätte übersetzen sollen
- mit dem Panzer geradeaus durch's Dictionary
Leider ziehst du dich an dieser Stelle hinter "kann ich leider keine Textstellen zitieren" zurück.
Damit bist du zwar etwas ausführlicher als die Meute bei amazon & C0, unterm Strich kommt auch nicht viel mehr dabei rum als: "Ich fand das Buch blöd, früher fand ich Pratchett besser, also taugen die Übersetzer nichts."
Nix für ungut,
Gerald
ich finde erst jetzt Zeit, kurz was hierzu zu sagen (hab die letzten Beiträge auch erst vor einigen Tagen entdeckt).
Ich möchte mich hier nur zum Thema "Übersetzung" äußern. Dass man als Leser auch aus dem Bauch argumentierren kann und vom "Gefühl" her mit Büchern und/oder ihren Übersetzungen nicht klar kommt (oder sie einfach mies findet), ist durchaus legitim.
Direkte und massive Vorwürfe an die Übersetzer sollten allerdings schon mit ein paar Belegstellen untermauert werden.
" (...) stolpert man nun dauernd über kantige Formulierungen, spaßfreie Sätze aus dem Lexikon und andere sprachliche Gletscherspalten. Da werden im hiesigen Sprachgebrauch eingebürgerte englische Begriffe sperrig übersetzt, dafür an anderen Stellen Wörter stehen gelassen die man besser übersetzt hätte (da ich keines der betreffenden Bücher mehr besitze kann ich leider keine Textstellen zitieren). "
Wäre schon interessant zu wissen, was du, Krämerseele, meinst, wenn du schreibst:
- kantige Formulierungen
- spaßfreie Sätze
- sprachliche Gletscherspalten
- sperrig übersetzte englische Begriffe (die im hiesigen Sprachgebrauch eingebürgert sind)
- Wörter nicht übersetzt, die man hätte übersetzen sollen
- mit dem Panzer geradeaus durch's Dictionary
Leider ziehst du dich an dieser Stelle hinter "kann ich leider keine Textstellen zitieren" zurück.
Damit bist du zwar etwas ausführlicher als die Meute bei amazon & C0, unterm Strich kommt auch nicht viel mehr dabei rum als: "Ich fand das Buch blöd, früher fand ich Pratchett besser, also taugen die Übersetzer nichts."
Nix für ungut,
Gerald
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- Registriert: Montag 29. Juli 2013, 23:25
Re: Neue und alte Übersetzungen
Ist schon in Ordnung - wer austeilt muss auch einstecken können. Tatsächlich habe ich den Club der unsichtbaren Gelehrten und das Mitternachtskleid jeweils etwa zu einem Drittel gelesen und dann dem örtlichen Jugendclub gespendet ( wo die Bücher möglicherweise auch im Regal bleiben werden weil keine Räder und kein Touchscreen dran sind...). Ich würde gerne entsprechende Textstellen zitieren, aber weder werde ich nochmal Geld für diese Bücher ausgeben noch verbringe ich meine Freizeit damit die Bücher durchzuarbeiten. Wenn du an Textstellen interessiert bist kannst du dir bspw. bei Amazon die (sehr zahlreichen) negativen Bewertungen vom Club der unsichtbaren Gelehrten und von Steife Prise durchlesen, da sind einige Zitate enthalten (die ich zugegebenermaßen nicht meine weil ich sie nicht kenne).Nix für ungut,
Gerald
Diese Bewertungen der "Meute" (das sind übrigens deine Kunden) sollten ein Grund sein sich kritisch mit der eigenen Arbeit auseinanderzusetzen: Meine Einzelmeinung ist unwichtig und kann von einem profilierungssüchtigen Querulanten stammen. Auch die Meinung im Forum ist möglicherweise nicht wirklich aussagekräftig, weil die Meisten hier die Bücher in Englisch lesen und deshalb die deutschen Übersetzungen entweder nicht kennen oder aber zumindest nicht darauf angewiesen sind.Damit bist du zwar etwas ausführlicher als die Meute bei amazon & C0, unterm Strich kommt auch nicht viel mehr dabei rum als: "Ich fand das Buch blöd, früher fand ich Pratchett besser, also taugen die Übersetzer nichts."
Bei einem solchen großen Online-Händler jedoch sind die Menschen zahlreich und deren Zusammensetzung ist gut gemischt. Sowohl der Club der unsichtbaren Gelehrten als auch Steife Prise schaffen bei Amazon das Kunststück bei über hundert Bewertungen 2,5 Sterne zu bekommen (das arithmetische Mittel, also 50% oder Schulnote 4, liegt bei drei Sternen) - die meisten der negativen Bewertungen (auch einige Positive) behaupten sie mögen die Übersetzung nicht. Das kann man als einen Jahre währenden Shitstorm (Hurra Neudeutsch ) werten, aber vielleicht ist das nicht die beste Herangehensweise. Insbesondere dann nicht, wenn man den Leuten was verkaufen will.
Re: Neue und alte Übersetzungen
In gewisser Weise hast du Recht, Krämerseele. Man sollte immer ein Ohr für Kritik offen haben, um seine Arbeit zu verbessern. Bei Mr.Wendnesday/Gerald hab ich da aber keine Bedenken... habe ihn immer sehr offen und gewissenhaft erlebt. Sowohl hier im Forum, wie auch im persönlichen Gespräch.
Nun ändert das natürlich wenig daran, dass einem der Übersetzungsstil nicht gefällt. Aber solange es wirklich "nur" eine Stilfrage, und damit ja auch eine Geschmacksfrage, ist, lässt sich daran bestimmt nicht all zu viel ändern. Ich kann aber sehr gut verstehen, dass es sehr schade ist, wenn man dadurch Pratchett in gewisser Weise verliert.
Ich bin übrigens auch eine von denen, die die Bücher in erster Linie auf deutsch liest. Ich versuche mich zwar langsam auch an den Originalen, aber mein Englisch ist viel viel zu schlecht, um Pratchettbücher, die ich noch nicht kenne, auf Englisch zu lesen. Ich bleibe also auch auf die Übersetzungen angewiesen.
Allerdings kann ich mich über die Übersetzungen nicht so sehr beklagen. Keine Ahnung, ob ich einfach weniger anspruchsvoll bin, oder zu sehr von den Handlungen enttäuscht, dass ich mir auch noch viel Gedanken über die Übersetzung machen würde. Da sind wir auch schon an dem eigentlichen Punkt, den du in deinem ersten Beitrag ja auch angebracht hast: Ich glaube, vieles von der derzeitigen Enttäuschung über die neuen Pratchett-Bücher ist gar nicht mal so sehr der Übersetzung verschuldet. Es sind die schwachen Stories, der veränderte Stil von Pterry selber, die miesen Cover und die neuen überhöhten Preise. Dafür kann aber der Übersetzer nichts. Da sind wir uns sicherlich einig.
Hinzu kommt das schon so oft besprochene Problem, dass Andreas Brandhorst aus Pratchett ein wenig sein eigenes Ding gemacht hat und nun die originalgetreueren neuen Übersetzer dadruch so anders wirken. Wer Branhorsts Pratchett lieben gelernt hat, kann sich da nur schwer umstellen, das verstehe ich schon. Ist die Frage, ob man dann von den neuen Übersetzern erwarten soll, dass sie sich einfach an Brandhorsts Stil anpassen. Ich für meinen Teil würde das nicht tun, das wäre ziemlich herabsetzend.
Was ich mit dem ganzen Gelaber sagen will (ja, es fällt mir immer schwer, die Dinge auf den Punkt zu bringen): Ich bin nicht der Meinung, dass sich die neuen Übersetzer all zu viel Gedanken über die Kommentare bei amazon machen sollten. Bei zuvielen dieser Kritiken habe ich das Gefühl, dass die Übersetzer nicht viel daran ändern können. Die Dinge, über die sich die Leute wirklich ärgern, liegen entweder nicht an den Übersetzern, oder es ist einfach nicht zu ändern. Ich wüsste nicht auf die Schnelle, was man wirklich besser machen kann. (Außer natürlich Preis und Cover. )
Um meine wilde Behauptung mal zu unterstreichen eine Frage, die ich mir nämlich manchmal stelle: Warum werden eigentlich die beiden neuen Übersetzer in einen Hut geworfen? Das find ich immer verdächtig. Wenn man wirklich solche Unterschiede zwischen Übersetzungen erkennen kann, wie von vielen Kritikern behauptet, dann doch zwischen den beiden neuen. Bei amazon wird ohne viel Unterschiede zu machen, über beide in einer Weise herzgezogen, die einfach nicht verwertbar ist. Klar will keiner eine ganze Buchbesprechung mit Zitaten und Verweisen machen, aber wenn dir jemand einfach nur sagt, dass du schlechte Arbeit geleistet hast, weißt du noch lange nicht, was du bessern sollst. An dem Punkt verweise ich mal auf den Thread hier im Forum, wo ein Vergleich zwischen der Brandhorst-Übersetzung und der Jung-Übersetzung von "Small Gods/Einfach göttlich" gemacht wird. Da ist bisher ja, meines Erachtens, rausgekommen, dass die Übersetzungen sich eigentlich nicht viel nehmen. Brandhorst formuliert manchmal vlt. witziger, aber oft auch verfälschend. (Btw.: Wurde bei amazon eigentlich über die Übersetzung auch hergezogen. DAS würde mich auch mal interessieren. Irgendwie sind es immer die schwierigen neuen Bücher von Pratchett, die sowieso so eine Sache sind. Verdächtig. )
Fazit: Ich versteh dich, dass du dich ärgerst, dass dir quasi "dein Pratchett" genommen wird. Aber ich glaube, da sind nicht die Übersetzer schuld dran, sondern Pratchett selber, bzw. sein Alter und Gemütszustand, der Verlag und die Probleme die Übersetzungen immer mit sich bringen, nämlich das Problem mit dem Geschmack. Naja... eigentlich wurde über das Thema schon sehr viel geredet und ich hab mich schon genug widerholt.
Nun ändert das natürlich wenig daran, dass einem der Übersetzungsstil nicht gefällt. Aber solange es wirklich "nur" eine Stilfrage, und damit ja auch eine Geschmacksfrage, ist, lässt sich daran bestimmt nicht all zu viel ändern. Ich kann aber sehr gut verstehen, dass es sehr schade ist, wenn man dadurch Pratchett in gewisser Weise verliert.
Ich bin übrigens auch eine von denen, die die Bücher in erster Linie auf deutsch liest. Ich versuche mich zwar langsam auch an den Originalen, aber mein Englisch ist viel viel zu schlecht, um Pratchettbücher, die ich noch nicht kenne, auf Englisch zu lesen. Ich bleibe also auch auf die Übersetzungen angewiesen.
Allerdings kann ich mich über die Übersetzungen nicht so sehr beklagen. Keine Ahnung, ob ich einfach weniger anspruchsvoll bin, oder zu sehr von den Handlungen enttäuscht, dass ich mir auch noch viel Gedanken über die Übersetzung machen würde. Da sind wir auch schon an dem eigentlichen Punkt, den du in deinem ersten Beitrag ja auch angebracht hast: Ich glaube, vieles von der derzeitigen Enttäuschung über die neuen Pratchett-Bücher ist gar nicht mal so sehr der Übersetzung verschuldet. Es sind die schwachen Stories, der veränderte Stil von Pterry selber, die miesen Cover und die neuen überhöhten Preise. Dafür kann aber der Übersetzer nichts. Da sind wir uns sicherlich einig.
Hinzu kommt das schon so oft besprochene Problem, dass Andreas Brandhorst aus Pratchett ein wenig sein eigenes Ding gemacht hat und nun die originalgetreueren neuen Übersetzer dadruch so anders wirken. Wer Branhorsts Pratchett lieben gelernt hat, kann sich da nur schwer umstellen, das verstehe ich schon. Ist die Frage, ob man dann von den neuen Übersetzern erwarten soll, dass sie sich einfach an Brandhorsts Stil anpassen. Ich für meinen Teil würde das nicht tun, das wäre ziemlich herabsetzend.
Was ich mit dem ganzen Gelaber sagen will (ja, es fällt mir immer schwer, die Dinge auf den Punkt zu bringen): Ich bin nicht der Meinung, dass sich die neuen Übersetzer all zu viel Gedanken über die Kommentare bei amazon machen sollten. Bei zuvielen dieser Kritiken habe ich das Gefühl, dass die Übersetzer nicht viel daran ändern können. Die Dinge, über die sich die Leute wirklich ärgern, liegen entweder nicht an den Übersetzern, oder es ist einfach nicht zu ändern. Ich wüsste nicht auf die Schnelle, was man wirklich besser machen kann. (Außer natürlich Preis und Cover. )
Um meine wilde Behauptung mal zu unterstreichen eine Frage, die ich mir nämlich manchmal stelle: Warum werden eigentlich die beiden neuen Übersetzer in einen Hut geworfen? Das find ich immer verdächtig. Wenn man wirklich solche Unterschiede zwischen Übersetzungen erkennen kann, wie von vielen Kritikern behauptet, dann doch zwischen den beiden neuen. Bei amazon wird ohne viel Unterschiede zu machen, über beide in einer Weise herzgezogen, die einfach nicht verwertbar ist. Klar will keiner eine ganze Buchbesprechung mit Zitaten und Verweisen machen, aber wenn dir jemand einfach nur sagt, dass du schlechte Arbeit geleistet hast, weißt du noch lange nicht, was du bessern sollst. An dem Punkt verweise ich mal auf den Thread hier im Forum, wo ein Vergleich zwischen der Brandhorst-Übersetzung und der Jung-Übersetzung von "Small Gods/Einfach göttlich" gemacht wird. Da ist bisher ja, meines Erachtens, rausgekommen, dass die Übersetzungen sich eigentlich nicht viel nehmen. Brandhorst formuliert manchmal vlt. witziger, aber oft auch verfälschend. (Btw.: Wurde bei amazon eigentlich über die Übersetzung auch hergezogen. DAS würde mich auch mal interessieren. Irgendwie sind es immer die schwierigen neuen Bücher von Pratchett, die sowieso so eine Sache sind. Verdächtig. )
Fazit: Ich versteh dich, dass du dich ärgerst, dass dir quasi "dein Pratchett" genommen wird. Aber ich glaube, da sind nicht die Übersetzer schuld dran, sondern Pratchett selber, bzw. sein Alter und Gemütszustand, der Verlag und die Probleme die Übersetzungen immer mit sich bringen, nämlich das Problem mit dem Geschmack. Naja... eigentlich wurde über das Thema schon sehr viel geredet und ich hab mich schon genug widerholt.
dum spero rideo
Re: Neue und alte Übersetzungen
Man darf auch nicht vergessen, dass es immer so ist, dass die Leute viel schneller bereit sind, mitzuteilen, dass ihnen etwas nicht gefällt, als dass ihnen etwas gefällt. So sammeln sich schnell nur negative Kommentare zur Übersetzung an. Auf Brandhorst wurde auch immer nur rumgemeckert und nur ganz wenig gelobt (das kommt erst jetzt, wo er weg ist und angeblich alles so viel schlimmer).
Schwierig, da Amazon ja häufig die Bewertungen zu allen Ausgaben eines Buches oder eines Filmes zusammen wirft. Findet das noch jemand nervig? Da will man wissen, ob die 3. Blu-ray-Neuauflage eines Films qualitativ besser ist und erfährt nur, dass eine DVD-Version von 1997 ein schlechtes Bild hatte...Anjali hat geschrieben: (Btw.: Wurde bei amazon eigentlich über die Übersetzung auch hergezogen. DAS würde mich auch mal interessieren. Irgendwie sind es immer die schwierigen neuen Bücher von Pratchett, die sowieso so eine Sache sind. Verdächtig. )
Don't panic!
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Findet das noch jemand nervig?
Ja, das ist extrem nervig, vor allem kontraproduktiv, wenn man sich darüber informieren will, ob DVDx jetzt gut oder besser geworden ist, und dann den ganzen Wust erst mal sortieren muss. Oder wenn man was zum Roman "Einfach göttlich" erfahren will, und dann die Kommentare zu beiden Übersetzungen wie Kraut und Rüben durcheinander gehen.
@ Anjali: Die "Kritiken" bei amazon erwischen einen im ersten Moment schon, weil man / weil ich da ja namentlich und mit dem, was mein täglich Brot ist, kritisiert, angepöbelt und gelegentlich auch angepisst werde. Das heißkalte Gefühl verraucht allerdings immer sehr schnell, wenn man liest, dass die meisten ohnehin einfach in dieselbe Kerbe hauen wie die Vorschreiber (blödes Cover, zu hoher Preis, die Handlung hat mir auch nicht gefallen ... ach ja, der Übersetzer ist übrigens auch kacke!), und viele dieser Vorschreiber zwar kaum einen Satz geradeaus schreiben können, dafür aber gerne pöbeln, wenn's nix kostet und man das Behauptete auch nicht belegen muss.
Im Gegensatz dazu kann jeder im von dir angeführten Thread nachlesen, dass die Übersetzungen sich keineswegs
sondern meine Varianten fast ausnahmslos als die besseren, geschickteren, sprachlich befriedigenderen etc hervorgehen. [[Was mich natürlich sehr freut - und was ein anderer eventuell anders beurteilen könnte, auch klar, aber der Vergleich steht ja.]]nicht viel nehmen,
@Krämerseele: Deshalb meine Wortwahl "die Meute", siehe oben. Meine Kunden sind das keineswegs, höchstens meine Leser (meine Kunden sind die Verlage), aber bei dem größtenteils hämischen, dummdreisten bis schlicht ahnungslosen Gefasel, was dort zu lesen steht, habe ich mich mit "Meute" noch zurückgehalten. Und schon gar keine Lust, dort irgendwas dagegenzuhalten.
Wenn du an Textstellen interessiert bist kannst du dir bspw. bei Amazon die (sehr zahlreichen) negativen Bewertungen vom Club der unsichtbaren Gelehrten und von Steife Prise durchlesen, da sind einige Zitate enthalten
Es ist ja nicht so, dass ich das nicht längst gelesen hätte. An Zitaten ist da kaum was drin (da müsste ich jetzt auch noch mal kramen), und die wenigen Sachen, an die ich mich erinnere, waren alles andere als Belege dafür, dass ich Mist übersetzt hätte, sondern entweder geschmäcklerische Anmerkungen oder das ewige "Die siezen sich ja jetzt, hat denn der doofe Übersetzer vorher nicht mal in einen Scheibenweltroman reingeschaut?"
Wie gesagt, so manches tut ein bisschen weh, aber wenn der eine oder andere (oder auch: die vielen, die sich gerne bei amazon für lau im xxx-bashing üben) mit meinen Übersetzungen nicht klar kommt, würde ich mir schon ein bisschen mehr an Substanz (vom Umgangston ganz zu schweigen) wünschen.
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Im Übrigen habe ich vor 3 Wochen im Urlaub die Neuübersetzung von "Lord und Ladies" meiner Kollegin Regina Rawlinson gelesen und muss sagen, dass ich schon lange keine so sprachlich versierte und humoristisch treffsichere Übersetzung mehr gelesen habe, ein großes Vergnügen, was auch für "Das Mitternachtskleid" gilt. (Ich bin mit Regina weder verschwägert noch verwandt und auch so gut wie nicht persönlich bekannt. Und ja: die Übersetzung ist von ihr, nicht von mir, ich wollte es an dieser Stelle nur mal erwähnt haben.)
Schön, dass wir uns wenigstens in diesem Forum sachlich unterhalten können (wobei ich nichts gegen ein bisschen Polemik habe).
Zuletzt geändert von Dr.Wednesday am Dienstag 26. November 2013, 22:20, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Neue und alte Übersetzungen
Mh, vlt. kaufe ich mir von meinem nächsten Büchergutschein mal deine Übersetzung von "Small Gods" und Mdm. Rawlinsons Übersetzung von "Lords und Ladies". Dann kann ich mir mal selber ein Bild malen.
Hab vor kurzem bereits "I shall wear midnight" gelesen und mit meinem begrenzten Englisch (obwohl das Buch im Vergleich zu "Guards!Guards!" ein Sonntagsspaziergang ist) nicht das Gefühl gehabt, in der Übersetzung immens viel verloren zu haben. Einzige Ausnahme sind natürlich die Größten, aber die kann man 1. auch kaum gut übersetzen und 2. kann Mdm. R. das jetzt nicht mehr ändern, da der Anfang von Herrn Brandhorst gemacht wurde.
Ach wie wär die Welt schön, wenn man jedes Buch im Original lesen könnte und verstehen würde. *schnief
Hab vor kurzem bereits "I shall wear midnight" gelesen und mit meinem begrenzten Englisch (obwohl das Buch im Vergleich zu "Guards!Guards!" ein Sonntagsspaziergang ist) nicht das Gefühl gehabt, in der Übersetzung immens viel verloren zu haben. Einzige Ausnahme sind natürlich die Größten, aber die kann man 1. auch kaum gut übersetzen und 2. kann Mdm. R. das jetzt nicht mehr ändern, da der Anfang von Herrn Brandhorst gemacht wurde.
Ach wie wär die Welt schön, wenn man jedes Buch im Original lesen könnte und verstehen würde. *schnief
dum spero rideo
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Stimmt. Obwohl - halt, nein! Dann wäre ich ja arbeitslos!Ach wie wär die Welt schön, wenn man jedes Buch im Original lesen könnte und verstehen würde. *schnief
Ein Belegexemplar von "Einfach göttlich" hätte ich noch da, zum Büchergutscheinschonen.
Ich weiß nicht, ob ich es am Samstag zum Stammtisch schaffe, wenn ja, bring ich das Buch gleich mit.
Re: Neue und alte Übersetzungen
Uh, das wär ja toll!
Naaa toll, jetzt denken alle, du bestichst mich, damit ich gute Sachen über dich sage.
Naaa toll, jetzt denken alle, du bestichst mich, damit ich gute Sachen über dich sage.
dum spero rideo
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Re: Neue und alte Übersetzungen
Genau so war das auch gedacht
Mistaberauch, dass ich immer so schnell durchschaut werde
Mistaberauch, dass ich immer so schnell durchschaut werde
Re: Neue und alte Übersetzungen
In den Besprechungen der Neuübersetzungen bei Amazon las ich bereits einige erstaunliche Äußerungen zu den „Übersetzungen nach Brandhorst“ – und bin gern bereit über meine Meinung zu diskutieren, nämlich warum ich dort vieles unqualifiziert bis ätzend fand: Äußerungen völlig üblicher, durchschnittlicher Art, von sachlichen Grundlagen und Hintergrundwissen unbeleckt.
Was ist gemeint: Zum einen kann man sich zu Übersetzungen nur dann ernsthaft äußern, wenn man der Fremdsprache so mächtig ist, dass man Original und Übersetzung vergleichen kann. Dazu sollte man der Fremdsprache so mächtig sein, dass man weiß, was einfache Wörter wie etwa „you“ heißen und im Englischen bedeuten. Sich an das gemütliche „Du“ von A. Brandhorst gewöhnt zu haben, ist keine Qualifikation. Verständlich aber nicht kriteriengeeignet. Und zum anderen muss man einen möglichst großen Teil der Scheibenwelt-Romane kennen. Dann würde man nämlich nicht den Übersetzer bemäkeln oder beschimpfen, sondern man hätte erkannt, dass die Bücher nach „KLONK! - THUD!“ sich in ihrem Charakter gegenüber den Büchern vorher deutlich verändert haben. „Schöne Scheine - Making Money“, „Der Club der unsichtbaren Gelehrten - Unseen Academicals“ und „Steife Prise - Snuff“ weisen nicht mehr den eher lockeren Stil der früheren Wachen-Romane auf.* Da ist Vieles „spaßfrei“. (Ich lese die Bücher im Original. die deutschen Versionen zu lesen hole ich erst jetzt nach, nachdem ich mit den Zusammenstellungen (siehe Link zu „Fehler“) begonnen habe.
Eine immer wieder aufblitzende Kritik bezieht sich auf die Übertragung des „you“. Wie schon geschrieben, heißt das englische „you“ auf Deutsch „ihr“ – und nichts anderes. Wie die Leute mit Muttersprache Englisch dies differenzieren, ist deren Sache. Im Deutschen müssen wir uns unserer Sprachmittel bedienen, nämlich: du, ihr, Ihr, Sie usw. Alles andere ist schlicht unsachlich bzw. unsachgemäß. Punkt.
Meiner Meinung wäre in vielen Fällen das antiquierte „Ihr“ passend, da die Geschichten in einem Milieu deutlich vor 1900 spielen. Mumm/Vimes spräche Vetinari dann mit „Ihr“ an, und dieser benützte das „Er“ bzw. in der etwas moderneren Version sagte er „Sie“ zu Mumm/Vimes. Dass ein zum Tode Verurteilter wie von Lipwick den Patrizier duzt, liest sich grauenhaft und hört sich im Film noch grauenhafter an. Eigentlich beherrscht Brandhorst den Unterschied zwischen „Sie“ und „Du“, wie er in „Ein gutes Omen - Good Omens“ beweist.
Inwiefern das Lesen seiner Übersetzungen mehr Spaß macht als das der neueren, entscheidet jede Leserin / jeder Leser allein. Mir hat sich leider hin und wieder der Magen umgedreht: Als ich „Der fünfte Elefant“ versehentlich (echt. Keine Übertreibung) zuerst auf Deutsch gekauft und gelesen hatte, beschloss ich, dass dies mein letztes TP-Buch sei:
„… they probably represented Truth, Industry, Justice and …“
las sich da als:
„Wahrscheinlich repräsentierten sie Wahrheit, Industrie, Gerechtigkeit und …“
Mann-o! Schon beim Lesen im Deutschen war klar, was im englischen Original gemeint war: industry = Fleiß! Deswegen waren diese drei „Tugenden“ schließlich großgeschrieben.
Erfreulicherweise kaufte ich dann doch noch das englische Original – und das war ein ganz anderes Buch.
(Wenn ich hier Übersetzungen von A.B. „angreife“, dann bitte nur, um die unberechtigte Kritik an den „neuen Übersetzern“ zurückzuweisen. Wie Ponder eingangs dieses Themas schreibt: Viele haben TPs Bücher in A.B.s Übersetzung kennen und lieben gelernt.)
Im Augenblick lese ich „Der Club der unsichtbaren Gelehrten“** und stelle bisher fest, dass hier Vieles sehr schön in unsere Sprache und unseren Kulturkreis übertragen ist: S. 24 „… dazu ein paar Brötchen und natürlich das eingelegte Gemüse.“ Im Englischen steht hier: „… a few biscuits and, of course, the pickle carts.“ Das lässt sich nicht 1:1 ins Deutsche übertragen, weil wir keine englischen Biscuits essen, und Pickles entweder Essiggurken, Cornichons oder eingelegte Maiskölbchen oder was auch immer heißen. Hingegen sind Brötchen mit Käse, Wurst usw. plus Essiggurken bzw. anderen eingelegten Gemüsearten vertraut.
Das ist es eben, was ein guter Übersetzer machen muss: Den Text, die Geschichte einigermaßen in einen verständlichen Kulturraum und -rahmen übertragen. Dazu gehören dann allerdings auch – wie an anderer Stelle berechtigt kritisiert wird – Übertragungen von Maßeinheiten wie Zoll, Yards, Meilen usw. in dezimale Werte.
Diskutieren wir weiter.
Beste Grüße
Alfons
* Keines dieser drei Bücher zog mich so in seinen Bann, wie etwa „Die Nachtwächter - Night Watch“. Während ich alle anderen Bücher inzwischen drei- bis fünfmal mit großem Vergnügen und immer wieder neuen Erkenntnissen gelesen habe, habe ich „Schöne Scheine - Making Money“ mit Mühe und Not zweimal, und die anderen beiden bisher nur ein einziges Mal. „Raising Steam“ ist – aus meiner Sicht – wieder faszinierender.
** Das englische Original kenne ich natürlich schon seit 2009.
Was ist gemeint: Zum einen kann man sich zu Übersetzungen nur dann ernsthaft äußern, wenn man der Fremdsprache so mächtig ist, dass man Original und Übersetzung vergleichen kann. Dazu sollte man der Fremdsprache so mächtig sein, dass man weiß, was einfache Wörter wie etwa „you“ heißen und im Englischen bedeuten. Sich an das gemütliche „Du“ von A. Brandhorst gewöhnt zu haben, ist keine Qualifikation. Verständlich aber nicht kriteriengeeignet. Und zum anderen muss man einen möglichst großen Teil der Scheibenwelt-Romane kennen. Dann würde man nämlich nicht den Übersetzer bemäkeln oder beschimpfen, sondern man hätte erkannt, dass die Bücher nach „KLONK! - THUD!“ sich in ihrem Charakter gegenüber den Büchern vorher deutlich verändert haben. „Schöne Scheine - Making Money“, „Der Club der unsichtbaren Gelehrten - Unseen Academicals“ und „Steife Prise - Snuff“ weisen nicht mehr den eher lockeren Stil der früheren Wachen-Romane auf.* Da ist Vieles „spaßfrei“. (Ich lese die Bücher im Original. die deutschen Versionen zu lesen hole ich erst jetzt nach, nachdem ich mit den Zusammenstellungen (siehe Link zu „Fehler“) begonnen habe.
Eine immer wieder aufblitzende Kritik bezieht sich auf die Übertragung des „you“. Wie schon geschrieben, heißt das englische „you“ auf Deutsch „ihr“ – und nichts anderes. Wie die Leute mit Muttersprache Englisch dies differenzieren, ist deren Sache. Im Deutschen müssen wir uns unserer Sprachmittel bedienen, nämlich: du, ihr, Ihr, Sie usw. Alles andere ist schlicht unsachlich bzw. unsachgemäß. Punkt.
Meiner Meinung wäre in vielen Fällen das antiquierte „Ihr“ passend, da die Geschichten in einem Milieu deutlich vor 1900 spielen. Mumm/Vimes spräche Vetinari dann mit „Ihr“ an, und dieser benützte das „Er“ bzw. in der etwas moderneren Version sagte er „Sie“ zu Mumm/Vimes. Dass ein zum Tode Verurteilter wie von Lipwick den Patrizier duzt, liest sich grauenhaft und hört sich im Film noch grauenhafter an. Eigentlich beherrscht Brandhorst den Unterschied zwischen „Sie“ und „Du“, wie er in „Ein gutes Omen - Good Omens“ beweist.
Inwiefern das Lesen seiner Übersetzungen mehr Spaß macht als das der neueren, entscheidet jede Leserin / jeder Leser allein. Mir hat sich leider hin und wieder der Magen umgedreht: Als ich „Der fünfte Elefant“ versehentlich (echt. Keine Übertreibung) zuerst auf Deutsch gekauft und gelesen hatte, beschloss ich, dass dies mein letztes TP-Buch sei:
„… they probably represented Truth, Industry, Justice and …“
las sich da als:
„Wahrscheinlich repräsentierten sie Wahrheit, Industrie, Gerechtigkeit und …“
Mann-o! Schon beim Lesen im Deutschen war klar, was im englischen Original gemeint war: industry = Fleiß! Deswegen waren diese drei „Tugenden“ schließlich großgeschrieben.
Erfreulicherweise kaufte ich dann doch noch das englische Original – und das war ein ganz anderes Buch.
(Wenn ich hier Übersetzungen von A.B. „angreife“, dann bitte nur, um die unberechtigte Kritik an den „neuen Übersetzern“ zurückzuweisen. Wie Ponder eingangs dieses Themas schreibt: Viele haben TPs Bücher in A.B.s Übersetzung kennen und lieben gelernt.)
Im Augenblick lese ich „Der Club der unsichtbaren Gelehrten“** und stelle bisher fest, dass hier Vieles sehr schön in unsere Sprache und unseren Kulturkreis übertragen ist: S. 24 „… dazu ein paar Brötchen und natürlich das eingelegte Gemüse.“ Im Englischen steht hier: „… a few biscuits and, of course, the pickle carts.“ Das lässt sich nicht 1:1 ins Deutsche übertragen, weil wir keine englischen Biscuits essen, und Pickles entweder Essiggurken, Cornichons oder eingelegte Maiskölbchen oder was auch immer heißen. Hingegen sind Brötchen mit Käse, Wurst usw. plus Essiggurken bzw. anderen eingelegten Gemüsearten vertraut.
Das ist es eben, was ein guter Übersetzer machen muss: Den Text, die Geschichte einigermaßen in einen verständlichen Kulturraum und -rahmen übertragen. Dazu gehören dann allerdings auch – wie an anderer Stelle berechtigt kritisiert wird – Übertragungen von Maßeinheiten wie Zoll, Yards, Meilen usw. in dezimale Werte.
Diskutieren wir weiter.
Beste Grüße
Alfons
* Keines dieser drei Bücher zog mich so in seinen Bann, wie etwa „Die Nachtwächter - Night Watch“. Während ich alle anderen Bücher inzwischen drei- bis fünfmal mit großem Vergnügen und immer wieder neuen Erkenntnissen gelesen habe, habe ich „Schöne Scheine - Making Money“ mit Mühe und Not zweimal, und die anderen beiden bisher nur ein einziges Mal. „Raising Steam“ ist – aus meiner Sicht – wieder faszinierender.
** Das englische Original kenne ich natürlich schon seit 2009.
Re: Neue und alte Übersetzungen
Hallo,
hab grade diesen Beitrag und deine Vorstellung als Neuling gelesen... hatte keine Lust zwei Einträge zu schreiben, also hier mal eine Kombi:
Willkommen im Forum Alfons-Eule!
Super Beitrag, danke! Endlich auch mal einer, der das Thema abgewogen betrachtet und nicht nur aus dem Bauch argumentiert; bzw. der sich bewusst ist, was Übersetzungsarbeit wirklich bedeutet. Insgeheim bin ich ja ein großer Fan von Bauchargumentationen, aber mit dem eigenen Geschmack zu argumentieren, um die harte Arbeit eines Anderen runterzumachen, find ich immer schwierig. Leider fallen viele von den Kritiken an Herrn Jung genau in das Gebiet. Aber dass ich dieser Meinung bin, ist aus meinen Beiträgen zu diesem Thema ja schon lange offensichtlich.
Mehr gibts eigentlich nich zu sagen, freu mich schon auf weitere Beiträge von dir und vielleicht sind wir beim nächsten mal unterschiedlicher Meinung, damit wir auch ordentlich diskutieren können.
es empfiehlt sich:
Anjali
hab grade diesen Beitrag und deine Vorstellung als Neuling gelesen... hatte keine Lust zwei Einträge zu schreiben, also hier mal eine Kombi:
Willkommen im Forum Alfons-Eule!
Super Beitrag, danke! Endlich auch mal einer, der das Thema abgewogen betrachtet und nicht nur aus dem Bauch argumentiert; bzw. der sich bewusst ist, was Übersetzungsarbeit wirklich bedeutet. Insgeheim bin ich ja ein großer Fan von Bauchargumentationen, aber mit dem eigenen Geschmack zu argumentieren, um die harte Arbeit eines Anderen runterzumachen, find ich immer schwierig. Leider fallen viele von den Kritiken an Herrn Jung genau in das Gebiet. Aber dass ich dieser Meinung bin, ist aus meinen Beiträgen zu diesem Thema ja schon lange offensichtlich.
Mehr gibts eigentlich nich zu sagen, freu mich schon auf weitere Beiträge von dir und vielleicht sind wir beim nächsten mal unterschiedlicher Meinung, damit wir auch ordentlich diskutieren können.
es empfiehlt sich:
Anjali
dum spero rideo